Sternzeichen – Herkunft der Tierkreiszeichen
Die Lage der Sternzeichen im Kalender ergab sich ursprünglich aus dem Frühlingspunkt. Um zu erklären, was der Frühlingspunkt ist, müssen kurz geometrische (bzw. trigonometrische) Grundtatbestände der Himmelsmechanik erläutert werden.
Frühlingspunkt
Die Erdachse, also eine gedachte Linie, um die sich die Erde um sich selbst dreht, verläuft vom Nordpol zum Südpol. Der Großkreis, der in der Mitte orthogonal zur Erdachse verläuft, ist der Äquator. Er hat die geographische Breite 0. Diese geographische Breite hat den größtmöglichen Umfang auf der Erdkugel, da sein Mittelpunkt zugleich der Mittelpunkt der Erde ist, der Radius reicht vom Erdmittelpunkt bis zur Erdoberfläche. Das Pendant ist der Kreis der geographischen Länge 0, der durch den Nordpol und Südpol verläuft. Sowohl zum Norden hin wie auch zum Süden hin werden Kreise, die orthogonal zur Erdachse verlaufen, immer kürzer, bis sie an den Polen enden. Denkt man sich den Äquator am Himmel verlaufend, so hat man bereits ein Bild davon, was der Himmelsäquator ist. Den Himmeläquator bilden die Schnittpunkte der Äquatorebene mit einer um die Erde gedachten Himmelskugel (die naive Vorstellung der Menschen ist die von der Erde hier unten und dem Himmel da oben, die je nach Kontext auch heute noch nützlich ist). Diese Kugel kann man sich bspw. als den Götterhimmel oder moderner als die Atmosphäre denken. Der Himmelsäquator ist im Grunde der an den Himmel verschobene Äquator. Deswegen ist sein Umfang größer als der des an der Erdoberfläche verlaufenden Äquators.
Die Erdachse dreht sich nicht parallel zur Sonne, sondern geneigt. Ist der Norden der Erde der Sonne näher, ist dort Sommer, im Süden zugleich Winter. Erreicht die Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne (Orbit) die andere Seite der Sonne, kehrt es sich um, im Norden ist Winter, im Süden Sommer (vgl. Jahreszeiten).
Für unser Auge dreht sich nicht die Erde um die Sonne, vielmehr scheint es, als wanderte die Sonne im Laufe des Jahres um die Erde. Diese (scheinbare) Bahn der Sonne am Fixsternhintergrund nennt man in der Astronomie Ekliptik. Die Ebene des Kreises nennt man Ekliptikebene, zuweilen auch Ekliptikalebene.
Aus der Neigung der Erdachse gegenüber der Sonne ergeben sich unterschiedliche Ebenen von Himmelsäquator und scheinbarer Bahn der Sonne. Dort, wo sich die beiden Ebenen schneiden, befinden sich Frühlingspunkt und Herbstpunkt. Man bezieht dies auf die nördliche Erdhalbkugel, was reine Konvention ist. Der Frühlingspunkt des Nordens ist zugleich Herbstpunkt des Südens, und umgekehrt. Nur spricht man nicht vom Frühlingspunkt des Nordens und Frühlingspunkt des Südens, sondern nur vom Frühlingspunkt und meint damit den des Nordens.
Tierkreis
Aus der als Kreis gedachten Drehung der Erde um die Sonne (tatsächlich ist es eine Ellipse, deren Form allerdings sehr nah an einem Kreis ist), ergibt sich eine ständige Änderung des Sternenhimmels und umgekehrt der Sterne am Tag, die wir lediglich deshalb nicht sehen, weil sie, von der Erde aus gesehen, hinter der Sonne stehen. Teilt man den Kreis in zwölf Sektoren ein mit ekliptikalen Längen von jeweils 30°, so ergeben sich ungefähr die zwölf Kalendermonate und zwölf Sternbilder, in denen manche Menschen so etwas wie Tiere oder sonstiges sehen. Natürlich sind diese Bilder genauso zufällig wie der Mann im Mond. Der Filter der eigenen Wahrnehmung konstruiert etwas, was es nicht wirklich gibt. Der eine sieht Götter, der andere ein Huhn, der dritte einen Hund. Tatsächlich finden sich am Sternenhimmel nur amorphe Sternenhaufen, von denen viele Sterne gar nicht mehr existieren, wenn ihr Licht uns nach langer Reise endlich erreicht. Allein durch das Sterben der Sterne ändern sich die Sternbilder, wenn es auch sehr lange dauert, bis wir das wahrnehmen und sich die Bilder am Sternenhimmel ändern. Zudem ändern Sterne auch ihre Position, es ergeben sich über genügend lange Zeiträume ganz andere Sternbilder. Ein sogenanntes Sternzeichen oder auch Tierkreiszeichen ist aber nichts anderes als eben das Sternbild hinter der Sonne, das zum Zeitpunkt der Geburt am Tag zu sehen wäre, würde es nicht von der Sonne überstrahlt. Man sagt, die Sonne steht in diesem Sternbild. Sehen kann man es ein halbes Jahr später, wenn es am Sternenhimmel während der Nacht auftaucht. Das Sternbild befindet sich dann, von der Sonne aus gesehen, hinter der Erde, also hinter der unbeleuchteten Nachtseite der Erde. Und eben dies Sternbild ist nichts Unveränderliches, es ändert sein Aussehen.
Astrologie ist Unsinn
Das bisher Gesagte sollte an sich bereits genügen, den Unsinn aller Astrologie hinreichend zu verdeutlichen. Wem das noch nicht genügt, der sollte wissen, dass der Frühlingspunkt nicht unveränderlich ist, er driftet, weil die Eigendrehung der Erde eher ein Taumeln oder Trudeln ist. Man nennt dies Präzession. Während die Erde um sich selbst „kreiselt“, ändert sich notwendigerweise, wenn auch nur geringfügig, auch die Stellung ihrer Achse zum Mittelpunkt des Orbits und somit das, was wir nachts am Sternenhimmel sehen und was am Tag wegen der Sonne uns unsichtbar bleibt, gleichwohl aber sein Licht zur Erde sendet. In einem Zeitraum von rund 26.000 Jahren durchwandert infolge dieses Kreiselns der Frühlingspunkt alle Tierkreiszeichen. Das heißt aber auch, dass sich die Zeit im Jahr, wann die Sonne die Sternbilder der Sternzeichen durchwandert, ständig ändert. Bei einem Zyklus von 26.000 Jahren verschiebt sich der Zeitpunkt eines Sternzeichens grob alle 1.000 Jahre um einen Kalendermonat. Die vor sehr langer Zeit aus der Beobachtung des Sternenhimmels gewonnenen Zeiträume der Sternzeichen stimmen heute schlicht nicht mehr. Als der Astronom und Astrologe Ptolemäus im 2. Jahrhundert n. Chr. zur Frühjahrstagundnachtgleiche das Sternzeichen bestimmte, trat die Sonne in das Sternbild Widder ein. So gilt das unter Astrologen bis heute: Frühlingspunkt = Widderpunkt. Durch die Kreiselbewegung der Erde (Präzession), die ständig, wenn auch von uns in kurzen Zeiträumen nicht wahrnehmbar, unseren Blickwinkel auf den Sternenhimmel ändert, tritt heute aber nicht mehr die Sonne am Frühlingspunkt in das Sternbild Widder ein, sondern in das Sternbild Fische. Die Astrologie und noch weniger bürgerliche Darstellungen von Sternzeichen nehmen darauf Rücksicht. Astrologen reden sich mit Tierkreiszeichen heraus, die sich demnach scheinbar von Sternzeichen unterscheiden, was natürlich Humbug und eine reine Ausflucht ist.
Hat man dies verstanden, ergibt sich aus den Sternzeichen objektiv rein gar keine Bedeutung. Eine möglicherweise ursprünglich durchaus mit wissenschaftlicher Absicht betriebene Forschung ereilt mit den Wahrsagern, Kartenlegern und ähnlichen Esoterikern dasselbe Schicksal wie die Mondkalender. Etwas wird aus dem Zusammenhang gerissen, neu interpretiert und bis zur Unkenntlichkeit verdreht, um es schließlich als uraltes, vergessenes, verschwiegenes etc. Geheimwissen den Leichtgläubigen und Abergläubischen teuer zu verkaufen.
Es gibt mehr Ding im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumt, Horatio
Wenn auch nicht die Sternbilder selbst unser Schicksal beeinflussen, können die Sterne nicht doch Einfluss haben? Das kann man nicht gänzlich ausschließen, spätestens seit Hamlet wissen wir, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt. Unser Wissen ist begrenzt. Vielleicht geht eine geheimnisvolle Kraft von den Sternen aus, vielleicht korrelieren Sternbilder auch nur mit geheimnisvollen Kräften. Vielleicht sind auch Außerirdische unter uns, die unser Tun lenken. Wer kann das schon wissen! Andererseits stellt sich aber die Frage, wie wahrscheinlich dies ist.
Eine plausible Erklärung für einen Zusammenhang zwischen Sternzeichen und Charaktermerkmalen oder der Zukunft kann die Astrologie nicht geben. Geht man das Thema völlig unvoreingenommen an, wäre trotzdem denkbar, dass sie aus Beobachtungen Zusammenhänge erkannt hat, für die es heute noch keine Erklärung gibt. Von Bauernregeln weiß man schließlich auch, dass sie auf jegliche Begründung verzichten, relativiert werden müssen, aber dennoch erstaunlich gut regionale Wetterereignisse vorhersagen. Als ähnlich vorwissenschaftliche Beobachtung der Naturerscheinungen könnte die Astrologie Erfahrungswissen gesammelt haben. Daher wurden Aussagen und Vorhersagen von Astrologen mehrfach nach der wissenschaftlichen Methode reproduzierbaren Untersuchungen unterworfen. Die Zahl der Treffer war regelmäßig nicht höher, als hätte man vorab gewürfelt. Das belegt ziemlich eindeutig, dass es sich bei der Astrologie nicht einmal um eine Erfahrungswissenschaft handelt. Eine „Wissenschaft“ aber, die nichts vorherzusagen vermag, ist reichlich nutzlos.
Wer an die Sterne glauben will, möge dies tun, das ist sein gutes Recht. Ein anderer mag an Gott oder gleich mehrere davon glauben. Vielleicht gibt es ja diese Dinge. Nur ist es ein reiner Glaube, überprüfbar ist es nicht. Ein Zusammenhang zwischen den veränderlichen Sternbildern und somit den Sternzeichen einerseits und dem Menschen andererseits kann indes definitiv ausgeschlossen werden. Und gewiss ist eins: Die selbsternannten Astrologen von heute sind überwiegend Scharlatane, die den Aberglauben zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil nutzen.
Ergänzende Literatur
Zur Historie in der (modernen) Astrologie verwendeter Planeten und sonstiger Himmelskörper siehe Astrologie ist Unsinn.
Ein Artikel des Spiegels von 1995 nennt einige Vorhersagen, bei denen Astrologen völlig danebenlagen: Alles Blödsinn.